Der Geist aus der Halle 5

Die Zeit der Neunzigerjahre war für den Kunstmarkt eine große Bereicherung, sowohl künstlerisch als auch freiheitlich. Damals konnten sich große Geister aus verschiedenen Sphären vereinen und gleichzeitig wurde eine Dichotomie aus autonomen und gesellschaftskonformen Schichten aufrechterhalten. Im Laufe der Jahre haben sich damalige kritische Stimmen, Galerien und Künstler, welche die Ungerechtigkeiten des Kunstmarktes anprangern konnten, freilich in einer freien und quasi-demokratischen Situation, durch ihren anfänglichen Erfolg jener Zeit einen Platz auf der Sonnenseite gesichert. Was einem als Fortschritt für die Zukunft der kulturellen und innergesellschaftlichen Auseinandersetzungen vorkommen könnte, entpuppte sich als ein marktorientiertes, verstecktes ökonomisches Kalkül. Hier ging es weder um die Förderung der Kultur noch um einen Austausch der Gedanken für eine egalitäre und pluralistische Kunst. »Wir wollten auch oben mitmischen.« Der eine oder andere mag sich vielleicht fragen, was falsch daran sein soll. Aber Fakt ist; Halle 5 gibt es nicht mehr in ihrer früheren Konstitution und Form auf der Art Cologne. Was übrig blieb vom utopischen Experimentalismus der alten Tage, ist in ein sozioökonomisches Ökosystem abgewandert. Hier wächst jedenfalls kein Gras mehr. Es wird gezüchtet und gegebenenfalls geschoren.

Wo ist in dieser ganzen Ansammlung von Wörtern jetzt der Geist geblieben? Der Geist tritt in Form von Matthias Flury auf. Eine physikalische Manifestation von Ektoplasma und Ideen aus längst vergessenen Zeiten. Unser Flury fand in seiner Garage ein waschechtes Hexenbrett und wurde zum Medium eines besitzergreifenden Geistes. Aber statt eines Geisteroutfits trägt der Geist Amerika. Eine Modeshow auf einer Messe ist vielleicht nichts Neues, aber die Mode visualisiert in bester Manier simple Stimuli und Denkmuster, bei denen sich jeder selber eine Meinung bilden kann. Der freie Markt der Möglichkeiten. Außerdem sind Geister dafür bekannt, an weltlichen Belangen festzuhalten, sie können nicht loslassen, oder sie hegen irgendeinen Groll gegen etwas. Kennen Sie die Antwort? Also, unser Geist ist einmal in Rot-Blau-Weiß gekleidet und präsentiert in bester Ich-AG-Manier Postkarten oder Dinge, die die weltliche Welt nicht braucht. Natürlich alles ohne Mehrwertsteuer. Begleitet und kontingentiert wird dieser Marktteilnehmer von den anderen Marktteilnehmern der Gruppe Goldrausch. (Hier ist der Name schon Programm). Die Entfesselung des gesellschaftskulturellen Marktes bietet hiermit dem Betrachter einen Raum, in dem er seine Gefühle in einen binären Code verwandeln kann. Schlussendlich befriedigt das sogar den Geist.

(Text und Bild: Steven van Heeck)